„Vertrauen ist der Kitt, der unser Zusammenleben in Familie, Arbeit, Freizeit, Gesellschaft möglich macht.“ So startete ich den Aufruf zur Blogparade „Wie können wir (wieder) mehr Vertrauen aufbauen?“
Vertrauen – das bedeutet für mich auch Vertrauen in die Zukunft. Oder anders ausgedrückt: Ich plädiere für eine Zukunftszuversicht. Wie kann diese (wieder) hergestellt werden?
Was hat unser Vertrauen erschüttert?
Ich bin Ende der 60er Jahre geboren – und lange Zeit mit dem unerschütterlichen Vertrauen aufgewachsen, dass die Zukunft gut sein wird.
Da das Geld nicht reichte, habe ich nach dem Abitur erst einmal eine Ausbildung als Buchhändlerin gemacht. Ich habe mich laufend fortgebildet, gut vernetzt und dann für lange Jahre in verschiedenen Unternehmen Führungspositionen innegehabt. Es ging wie bei vielen immer nur in eine Richtung – aufwärts.
Zur Erschütterung des allgemeinen Vertrauens gab es aus meiner Sicht drei große Bereiche, die ich hier wirklich nur kurz anreißen möchte – und die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
Sinkendes Vertrauen in Institutionen
Das Vertrauen in alte Institutionen ging zurück – allen voran in die Kirchen. Die Missbrauchsskandale und ihre mangelhafte Aufklärung bzw. vielfache Leugnung und Vertuschung sind das eine. Auf der anderen Seite fühlen sich viele von der Kirche nicht gehört und nicht verstanden. Es ist, als ob hier zwei Welten parallel existieren – die der Kirche und die der Menschen.
Ähnliches lässt sich für das Vertrauen in Parteien und Politiker, in Gewerkschaften und in Medien feststellen.
Vertrauenserschütternde Ereignisse
Dazu kommen in den letzten Jahren noch eine Reihe von Ereignissen, die unser Leben – zumindest zeitweise – komplett auf den Kopf gestellt haben.
Das war der Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020. Da war zunächst die Angst um Gesundheit und Leben von gefährdeten Mitmenschen. Und wir lebten plötzlich mit zahlreichen Einschränkungen (Maskenpflicht, Begrenzung von Treffen in größeren Gruppen), Veränderungen (Maskenpflicht) und Unsicherheiten für viele Bereich wie Reise, Gastronomie und Hotellerie, Erziehung, Gesundheitswesen und Pflege.
Es folgte der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, die Energiekrise, die Inflation – und jetzt die brutalen Angriffe der Hamas gegen Israel. Und der immer spürbar werdende Klimawandel.
Verändertes Medienverhalten
Die meisten von uns haben in den letzten Jahren ihr Medienverhalten komplett verändert. Der Weg führt im Allgemeinen weg vom linearen Fernsehen zu Streamingdiensten, von der gedruckten Zeitung zum Digitalangebot oder gleich zu Social Media.
Die Zeit des Medienkonsums ist angestiegen. Und durch die steigende Anzahl an Kanälen verbreiten sich Nachrichten und Geschichten, die wir uns erzählen, deutlich schneller.
Und wir Menschen reagieren schneller und intensiver auf schlechte Nachrichten.
Und das macht etwas mit uns.
Schlechte Nachrichten beeinflussen uns mehr, als wir denken
Durch einen häufigen Nachrichtenkonsum sinkt unsere Aufmerksamkeit deutlich.
News sind „für den Geist, was Zucker für den Körper ist“, schreibt Rolf Dobelli in seinem Buch Die Kunst des digitalen Lebens.
Insbesondere, wenn ich an einer Aufgabe sitze, die mich nicht 100%ig begeistert, dann merke ich, wie mein Kopf nach genau diesem Zucker lechzt und ständig auf der Suche nach neuem Input oder neuer Belohnung aus den sozialen Netzwerken ist.
Basierend auf einem Zitat des Philosophen Epiktet „Wohin du deine Aufmerksamkeit richtest, bestimmt, wer du wirst„, hat der Autor Oliver Burkeman im Kapitel „Das Wassermelonen-Problem“ seines Bestsellers 4000 Wochen geschrieben: „Wenn du nicht selbst bestimmst, mit welchen Gedanken und Bildern du deinen Kopf füllst, werden es andere für dich bestimmen“.
Wir lassen unsere Aufmerksamkeit beim Medienkonsum ziellos treiben und werden von Dingen angezogen, die wir eigentlich gar nicht ansehen wollten.
Durch den Konsum schlechter Nachrichten werden wir passiv. Wir haben das Gefühl, dass die schlechten Nachrichten so übermächtig sind, dass wir uns nicht in der Lage sehen, etwas zu tun.
Und zu guter Letzt: Schlechte Nachrichten zerstören unseren Seelenfrieden und unsere innere Ruhe, weil wir ständig von Unglücksnachrichten umgeben sind.
Die Welt ist nicht so schlecht wie wir denken
Wenn wir aber immer nur schlechte Nachrichten über Unglücke und Verbrechen, Börsencrash und Inflation, Klimawandel und Naturkatastrophen lesen, schätzen wir Risiken falsch ein. Denn die Nachrichten setzen auf Kurzfristiges.
Was wir in Nachrichten nicht wahrnehmen, sind langfristige – und damit meist gute – Nachrichten über bessere Bildung und Einkommen, Wohnqualität und Arbeitsbedingungen.
Besonders eindrücklich schildert dies Hans Rosling in seinem Buch Factfulness. Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist.
Was gute Nachrichten bewirken
In guten bzw. konstruktiven Nachrichten werden Lösungen beschrieben werden. Ich lese, dass es Menschen gibt, die neue Wege gehen und Lösungen für Probleme suchen, um die sich bisher niemand gekümmert hat.
In meinem Blogprojekt Nur gute Nachrichten habe ich genau solche guten Nachrichten ausgewählt und zusammengefasst. Hier findest du einige sehr beeindruckende Beispiele von Projekten, in denen neues entwickelt wird: Plastikmüll als Baustoff, Organoide in der Forschung, Gemüse bei Trockenheit anbauen. Und mindestens genauso beeindruckend finde ich scheinbar einfache und pragmatische Lösungen, die jedoch Großes bewegen wie die Aktion „Dads on Duty“, Den Menschen im Blick haben und Helfende Großmütter in Simbabwe.
Die Nachrichten über Menschen, die Forschungsprojekte betreiben, um die medizinische Entwicklung voranzutreiben, Umweltprobleme lösen, Alternativen für Schulen und in der Pflege aufzeigen, machen Mut und geben Vertrauen darauf, dass wir die Welt wirklich verändern können.
Und als ich erst einmal eingetaucht bin in die Welt der guten Nachrichten, habe ich gesehen, wie viele es davon gibt. Es sind keine Einzelfälle, sondern überall auf der Welt gibt es Menschen, die die Welt zu einem besseren Ort machen wollen.
Und wenn wir lesen, dass es Menschen gibt, die ein Problem lösen wollen, dann ist der Schritt nicht mehr weit, dass auch wir uns selbst in der Lage sein könnten, etwas für die Welt zu tun und wieder in eine Selbstwirksamkeit zu kommen.
Was können wir konkret tun, um (wieder) Zuversicht in die Zukunft zu entwickeln?
Hier kommen ein paar Vorschläge von mir, was du tun kannst, um wieder #Zukunftszuversicht zu aufzubauen
- Reduziere deinen Medienkonsum deutlich.
- Prüfe, welche Medien du wirklich lesen möchtest. In dem Blogartikel Nur gute Nachrichten liste ich zahlreiche Quellen auf, in denen konstruktiv und sachlich berichtet wird. Es geht nicht um die großen Klickzahlen, sondern um Lösungen und Handlungsalternativen aufzuzeigen.
- Überlege dir jeden Tag, welche Geschichten du erzählen möchtest. Versuche mehr und mehr gute Geschichten zu erzählen: Was ist dir oder jemand anderem gut gelungen? Worüber hast du dich heute gefreut? Welche Begegnung hat dir Energie gegeben?
Wenn du gezielt nach den Geschichten suchst und diese teilst, wird dein Bild von der Welt besser. - Helfen macht glücklich. Engagiere dich in einem Verein, Netzwerk oder Organisation. Oder hilf einer anderen Person in deinem Umfeld. Alles, was dich dazu bringt, etwas für andere Menschen oder einen gemeinnützigen Zweck zu tun, bringt dich in eine Selbstwirksamkeit. Damit machst du die Welt in deinem Umkreis zu einem besseren Ort und sorgst für eine bessere Zukunft.
Du gehst als Beispiel voran und machst auch anderen Menschen Mut, sich zu engagieren. Denn Engagement bedeutet, dass ich auf eine Zukunft mit Zuversicht schaue.