Jay Newton-Small musste ihren an Alzheimer erkrankten Vater in ein Pflegeheim geben, da sie selbst mit der Pflege überfordert war. Bei der Aufnahme sah sie sich mit zahlreichen Formularen konfrontiert, in denen sie v.a. über die gesundheitliche Situation ihres Vaters Auskunft geben sollte. Jay fand das nicht nur herausfordernd, sondern auch niederschmetternd, ihren Vater und sein Leben in Formulare zu pressen.
Da sie selbst eine langjährige und erfolgreiche Journalistin ist, hat sie schließlich die Geschichte ihres Vaters schließlich auf einem DIN A4-Blatt zusammengeschrieben, ausgedruckt und im Pflegeheim gut sichtbar für das Personal aufgehängt.
Die Geschichte hat die Vergangenheit ihres Vaters von der Kindheit in Australien bis über seine internationale Tätigkeit lebendig gemacht. Und diese Geschichte hat das Pflegepersonal – im Gegensatz zu den leblosen Formularen – gelesen und in Erinnerung behalten. Und genau diese Geschichte bot Ankerpunkte für das Personal, mit ihrem Vater ins Gespräch zu kommen und tiefe Verbindungen aufzubauen. Denn, wie sich zeigte, hatte er während seiner Arbeit für die UN mehrere Jahre in Äthiopien gelebt. Und das äthiopische Personal nutzte die Gelegenheit, viel über die Geschichte des eigenen Landes zu erfahren.
Pflegende haben den ganzen Menschen im Blick
Und nicht nur das: die Ankerpunkte konnten auch in schwierigen Pflegesituationen eingesetzt werden. Der Vater neigte eine Zeit lang zur Gewalt. Sätze wie „Jetzt beruhigen Sie sich erst mal“ bewirken nur das Gegenteil. Aber Fragen zur äthiopischen Vergangenheit konnte Ablenkung und damit Abhilfe schaffen.
So hat die Geschichte von Jays Vater nicht nur ihm selbst eine bessere Betreuung gesichert. Sie hat auch das Pflegepersonal zufriedener gemacht, weil sie bessere Arbeit leisten und den Patienten auch als Menschen wahrnehmen konnten.
Und als die anderen Angehörigen sahen, welche große Wirkmacht diese Geschichte hatte, waren sie begeistert. Sie fragten Jay, ob sie nicht auch für ihre Patienten eine solche Geschichte schreiben könne, was sie schließlich getan hat.
Inzwischen hat Jay Newton-Small das Unternehmen Memorywell gegründet. Dort machen Fachkräfte viele Lebensgeschichten von Patienten sichtbar – und damit unsere Welt auch menschlicher.
Diese Geschichte habe ich hier im BBC-Podcast „People Fixing the World“ gefunden. In diesem Podcast werden jede Woche eindrucksvolle Menschen portraitiert. Sie stoßen im Alltag auf ein Problem stoßen und nehmen die Lösung selbst in die Hand.
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Liebe Gesa,
Vielen Dank für diese inspirierende Geschichte. Sie begeistert mich. Jay hat ihr Talent und ihr Können eingesetzt, um die Situation ihres Vaters zu verbessern. Daraus hat sich etwas entwickelt, das am Anfang gar nicht absehbar war. Allzu oft wird direkt am Anfang gefragt, was bei einer Sache rausspringt, ob es sich lohnt. Ja, wenn es sich richtig anfühlt, lohnt es sich. Eine menschlichere Welt lohnt sich immer! Auch wenn es nicht immer in Geld zu messen ist.
Danke für diese inspirierende Geschichte und herzliche Grüße, Korina
Liebe Korina,
ganz herzlichen Dank für Deinen Kommentar! Ja, genauso ist es. Und ich selbst schreibe die guten Nachrichten u.a., weil ich weiß, dass ich andere Menschen wie Dich damit inspirieren kann. Das ist mir wichtig und gibt mir eine Bestätigung. Abgesehen davon, tut es auch mir und meinem Seelenfrieden gut, die guten Seiten des Lebens verstärkt in den Fokus zu nehmen. Das Leben besser und bunter zu machen, ist relevant.
Liebe Grüße Gesa