Digitale Meetings: Vorteile und Nachteile

Mit dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 waren viele Menschen überrascht, wie gut und schnell die Umsetzung von digitalen Meetings funktioniert haben. Wir haben unsere bisher analogen Meetings zum großen Teil 1:1 in den digitalen Raum übernommen. Aber schon bald kam das erste Erwachen, weil wir festgestellt haben, dass digitale Meetings deutlich anstrengender sein können als Präsenz-Meetings.
Schauen wir es uns etwas genauer an. Was spricht für digitale Meetings, was sind die Vorteile? Was spricht dagegen und ist ein echter Nachteil?

Vorteile digitaler Meetings

Flexibilität

Bei Team- oder Projektmeetings bringt die Möglichkeit für digitale Meetings auch eine große Flexibiltität für die Teilnehmenden mit sich. Diese können kurzfristig entscheiden, ob sie vom Büro oder vom Homeoffice oder einem anderen Ort aus an einem Meeting teilnehmen.

Einbindung von Geschäftsspartnern und Kollegen

Meetings mit Geschäftspartnern sind digital oft mit deutlich geringerem Aufwand durchzuführen als Treffen im analogen Raum. Es entfallen die Wege- oder Reisezeiten zum Geschäftspartner. Das bedeutet nicht nur einen zeitlichen Vorteil, sondern auch noch eine Kostenersparnis. Dadurch ist es auch möglich, kürzere Meetings zu einzelnen Themen zu organisieren und schneller zu entscheiden. Des weiteren können auch Experten für ihren Zuständigkeitsbereich direkt und schnell mit einbezogen werden.

Und auch Kolleginnen und Kollegen, die an einem anderen Standort arbeiten, sind bei digitalen Meetings gleichberechtigt einbezogen und können an allen Meetings teilnehmen.

Beteiligung von allen Teilnehmenden

Bei digitalen Meetings ist es deutlich einfacher als bei vor Ort-Meetings, spontan und ohne großen Aufwand in kreativen Kleingruppen zu arbeiten. Es müssen keine zusätzlichen Räume gebucht werden. Die Erstellung von Breakout-Rooms ist schnell und unkompliziert erledigt.

Die Arbeit in Kleingruppen fördert auch die Teilnahme von sonst eher stilleren Teilnehmenden. Alle Teilnehmenden werden damit zu Teilgebenden, bringen sich aktiv in das Tagungsgeschehen ein und gestalten mit. Somit werden das Meinungsbild und Ergebnis der Meetings vielfältiger und damit auch besser.

Gleiche Sichtbarkeit für alle

In digitalen Meetings haben alle Teilnehmenden das gleich große Viereck als persönlichen Raum zur Verfügung. Und hier nehmen wir nicht mehr wahr, wie andere Teilnehmende ihre Position und ihren Platz im analogen Raum einnehmen, indem sie sich z.B. eine für alle gut sichtbare Position am Besprechungstisch einnehmen und Unterlagen weiträumig auf dem Tisch verbreiten. Diese Machtspielchen entfallen in digitalen Meetings.

Und welche Position man im digitalen Raum einnimmt, muss man dem Zufall oder dem Algorithmus des Tool-Anbieters überlassen, wenn man jetzt von speziellen Einstellungen im digitalen Meetingtool absieht.

Schnellere Nachbereitung

In digitalen Meetings gibt es zwei einfache Möglichkeiten, direkt während eines Meetings Ergebnisse festzuhalten. Das wäre ein geteiltes Dokument wie ein Google.doc oder über ein Whiteboard. Beide Alternativen haben die Vorteile, dass die Protokolle durch alle Teilnehmenden bearbeitet werden können und nicht nur durch einen einzelnen Protokollanten. Und die Dokumente können durch Screensharing mit den Teilnehmenden geteilt werden, so dass alle sofort das Protokoll sehen, ergänzen und korrigieren können.

Es vergeht damit keine wertvolle Zeit zwischen Meeting und Protokoll, das evt. auch noch von Einzelnen korrigiert bzw. ergänzt werden muss.

Kompetenzerweiterung

Mit der Teilnahme an digitalen Meetings und erst recht mit deren Organisation werden die eigenen Kompetenzen ausgebaut, zum einen im Handling von digitalen Tools, aber auch im Design oder der Organisation von Meetings.

Nachteile digitaler Meetings

Mehr Planungsaufwand für die Organisierenden

In digitalen Meetings besteht die Gefahr, dass Teilnehmende digital abschweifen, weil die eigene Aufmerksamkeit oder Interaktion gerade nicht gefordert ist. Das heißt, es werden Mails gelesen und beantwortet, gechattet, im Internet gesurft.

Um das zu vermeiden, müssen die Organisierenden deutlich mehr Zeit in die Planung, Vorbereitung und Gestaltung von Meetings investieren und vor allem einen Fokus darauf legen, dass alle Teilnehmenden gut eingebunden sind. Kurz gesagt, arbeiten die Organisierenden mehr an Meetings als in Meetings. Sie sind diejenigen, die einen erhöhten Zeitaufwand haben.

Größere Selbstdisziplin erforderlich

Daher liegt es an unserer eigenen Selbstdisziplin, um einen Teil der gesparten Zeit in eine gute Vorbereitung umzusetzen. Denn wenn ich oben erwähnte Zeitersparnis gleich wieder direkt in neue Meetings umsetze, führt das zu einem erheblichen Stressaufbau. Digitale Meetings werden damit als belastend empfunden

Größere Anstrengung für unser Gehirn

Die Teilnehmenden werden in digitalen Meetings nicht nur von ihrer Dreidimensionalität auf eine Zweidimensionalität reduziert, sondern auch auf Kopf und je nach Sitz- und Kameraposition einen Teil des Oberkörpers reduziert. Schon die Hände sehen wir nicht mehr, geschweige denn Bauch, Beine und Füße.

Das menschliche Gehirn ist nun unterbewusst unablässig damit beschäftigt, die fehlenden Informationen zu ergänzen. Das ist extrem anstrengend und ermüdend und hat u.a. zum Begriff der “Zoom-Fatigue”geführt.

Und wir sehen uns in digitalen Meetings ständig selbst. Das ist für uns ungewohnt. Wir prüfen ständig, ob wir uns auch wirklich gut darstellen und eine gute Figur abgeben.

Verschiedene Meetings, unverändertes Setting

Bei Präsenz-Meetings wechseln wir in der Regel bei den einzelnen Meetings den Raum.
Durch diesen Raumwechsel haben wir ein verändertes Setting: andere Teilnehmende, andere Einrichtung, Lichtverhältnisse, Sitzordnung usw. Das alles markiert einen Neuanfang für ein neues Thema und eine neue Teamdynamik.

In digitalen Meetings bleibt das Setting unverändert. Es kommen wenig neue Reize von außen. Oft wechseln nur die Gesichter in den digitalen Vierecken. Und im schlimmsten Fall stehen wir noch nicht einmal auf und vertreten uns die Beine.

Fehlende mentale Rüstzeit

Bei digitalen Meetings ist es durch wenige Mausklicks möglich, von einem Meeting zum anderen zu wechseln. Selbst der kürzeste Weg von einem Büro ins nächste entfällt.
Dieser Wechsel von einem Raum in den anderen hat mehrere Implikationen: zum einen hat man so ein Minimum an Bewegung zwischen zwei Meetings. Und durch die Bewegung kann ich auch einen kleinen Reiz setzen, um mental das eine Meeting hinter mir zu lassen und auf das nächste Meeting, die zu treffenden Personen, die folgenden Themen und Fragestellungen zu schauen.

Fehlende räumliche Verbundenheit

In Präsenz-Meetings sitzen alle Teilnehmenden im gleichen Raum, spüren die gleiche Raumtemperatur und atmen die gleiche Luft ein. Dieser dreidimensionale Raum ist abgeschlossen vom Rest der Welt. Das alles bringt uns zusammen und verbindet uns in Präsenzmeetings miteinander.

In digitalen Meetings sitzt jeder in seinem eigenen Raum und hat seine eigene Umgebung; vielleicht sogar mit einem virtuellen Hintergrund. Die fehlende räumliche Verbindung zwischen den Teilnehmenden müssen die Organisierenden daher durch andere Methoden schaffen.

Fazit

Digitale Meetings bieten große Chancen und Vorteile, die für mich deutlich überwiegen. Um digitale Meetings gut zu gestalten, braucht es zumindest am Anfang deutlich mehr Aufwand für die Organisierenden. Wenn man aber einiges an Erfahrung gesammelt hat, dann kann man durch die Beteiligung von allen Teilnehmenden und schnelle Nachbereitung effektiver arbeiten.

Und durch neue Formen der Zusammenarbeit werden Meeting-Traditionen in Frage gestellt und neu gedacht. Das kann zu einer deutlich besseren, konstruktiveren und co-kreativen Form der Zusammenarbeit führen. Und das ist doch das Beste, was uns passieren kann.

 

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