Fifteen Reds

15 rote Kugeln – angeordnet als Pulk zu einem gleichseitigen Dreieck – sind das Symbol für Snooker: eine Sportart, die mich fasziniert; deren Reiz sich allerdings nicht sofort erschließt. Wer jedoch einmal davon gepackt wird, den lässt sie nicht mehr los.
Snooker ist eine Form des Billards, die jedoch höhere Anforderungen an die Spieler stellt, da der Spieltisch größer, die Bälle kleiner und die Tascheneinläufe kleiner und abgerundet sind.
Was übt nun genau die Faszination dieses Sport aus?

Äußerste Präzision und Konzentration
Um einen Ball erfolgreich zu spielen oder zu lochen, ist oft Millimeterarbeit gefragt – und das bei einer Tischlänge von über 3,50 m! Und die Profis spielen oft über mehrere Banden, d.h. Tischränder, an, so dass der Ball um den ganzen Tisch läuft und damit eine Strecke von mehr als 8 oder 9 m erreichen kann. Eine solche Präzisionsarbeit kann nur leisten, wer zu höchster Konzentration fähig ist – auf Abruf. Denn häufig hat ein Spieler auch längere Pausen, wenn der Gegner gerade am Spiel ist. Kommt man dann selbst wieder zum Zuge, ist volle Präsenz gefragt. Snooker ist ein Sport, der mit dem Kopf entschieden wird.

Gentlemen Sport – Fairness und Ästhetik
Snooker ist geprägt von Fairness und Contenance. Wo sonst kann man erleben, dass ein Spieler ein begangenes und vom Schiedsrichter nicht bemerktes Foul selbst anzeigt? Contenance bewahren – auch wenn ein Stoß völlig misslungen ist. Hin und wieder sieht man inzwischen mal ein Aufstoßen des Queues auf dem Boden, ein Schlag mit der Hand auf die Bande o.ä. Aber das ist die Ausnahme.
Und der Gentlemensport zeigt sich auch in der äußeren Erscheinung der Spieler: Hemd, Fliege, Weste, dunkle Hose und Lederschuhe gehören zur Kleiderordnung beim Snooker. Nur aus gesundheitlichen Gründen kann man wie z.B. Steven Maguire vom Tragen der Fliege befreit werden. Ich als Zuschauerin genieße es jedenfalls sehr, gut gekleideten Profi-Spielern beim Ausüben ihrer Sportart zuzusehen.

Frauen und Snooker
Obwohl auch Frauen Snooker spielen, hat es leider, soweit ich weiß, noch keine Frau in der Weltrangliste unter die Top 96-Spieler geschafft. Aber: trotz all der erforderlichen Voraussetzungen, um ein Weltranglisten-Spieler zu werden, ist es noch viel schwieriger, ein Profi-Schiedsrichter bzw. -Schiedsrichterin zu sein. Dazu werden neben ständiger Konzentration auch Ausdauer und Stehvermögen – letzteres im wahrsten Sinne des Wortes- verlangt. Und hier haben es inzwischen schon zwei Frauen ganz nach oben geschafft: die Schottin Michaela Tabb und die noch sehr junge Chinesin Zhu Ying!

Die jungen Wilden und die Erfahrenen
Hier gibt es sie: die jungen Wilden – Profi-Spieler mit Anfang 20, die sich ganz neue Dinge und Techniken zutrauen wie Judd Trump, aber auch die erfahrenen Spieler: Beim Snooker ist ein Profispieler nicht mit Ende Zwanzig/Anfang Dreißig aus gesundheitlichen Gründen gezwungen, den Sport aufzugeben. Hier gibt es sogar Ausnahmesportler wie Steve Davis, der es fast geschafft hat, mit 50 Jahren noch unter den Top16 der Weltrangliste zu stehen.

Snooker live erleben
Jahrelang haben mein Mann und ich gemeinsam zahlreiche Snooker-Turniere im Fernsehen angeschaut. Gern auch im Urlaub, da die Spiele oft bis spät in den Abend oder die Nacht dauern.
Die Begeisterung für den Präzisionssport wird noch viel intensiver, wenn man einen Snooker-Tisch aus der Nähe gesehen hat. Die Größe ist einfach überwältigend.
Wer selbst einmal ein Snooker-Turnier in Deutschland sehen möchte, hat inzwischen mindestens die Auswahl zwischen dem German Masters Ende Januar in Berlin oder den Paul Hunter Classics im August in Fürth.
Und: die Atmosphäre selbst bei diesen bedeutenden Turnieren in Deutschland ist – verglichen mit anderen Sportarten – fast schon als vertraut zu bezeichnen. Wo sonst übernachten die Spieler im gleichen Hotel wie die Zuschauer oder wo kann man als Zuschauer die Spieler direkt ansprechen und um Autogramme bitten?
Snooker ist in Deutschland immer noch eine Randsportart. Dass sie jedoch an ständig an Popularität gewinnt, hat sie ihrem prominentesten Botschafter zu verdanken: Rolf Kalb, Eurosport-Moderator, der auch schweigen kann (!), Master of Ceremony bei den deutschen (Weltranglisten-)Turnieren, geduldiger Immer-Wieder-Erklärer der Snooker-Regeln für Neulinge vor dem Bildschirm und im Forum, Interviewer, Kenner der Snooker-Szene.